Aloisia Brunner

Haushälterin der Gryszinskis, beherrscht die Kunst des Kochens ebenso wie die des lautlosen Anschleichens.

© Jean-Baptiste-Siméon Chardin, »Still life with pheasant and game-bag« / Public domain
»Aloisia Brunner war eine kräftige Erscheinung, die sich aber leiser als ein Indianer durch die Räume bewegen konnte. Sie hatte Gryszinski schon öfter einen tödlichen Schrecken eingejagt, wenn sie plötzlich lautlos wie ein schlecht gekleidetes Gespenst neben ihm stand. Vermutlich verhängte sie abends in ihrer Kammer den Spiegel, um beim nächtlichen Umherhuschen nicht ihr eigenes Spiegelbild für einen schaurigen Geist zu halten.« (aus: Der wahre Preuße)

Frau Brunners Rezept für Fasan

Nachdem das Wildgeflügel, um mürbe zu werden, einige Tage an einem kühlen, luftigen Orte aufgehängt war, wird es trocken gerupft (bei Fasanen, Wildenten usw. läßt man am Kopfe die Federn und dreht ihn während der Bereitung in Papier), gesengt und schnell abgewaschen. Inwendig soll es nicht gewaschen, sondern nur ausgewischt werden. Die Füße bleiben daran und werden gegen den Bauch gedrückt, dressirt und nur unten festgebunden. Die Flügel dreht man ein, wie bei Hühnern, wenn sie nicht abgenommen werden.

Den so hergerichteten Fasan salzt man inwendig, spickt Brust und Schenkel und kann Anfangs Speckplatten darüber binden. Beim Braten begießt man ihn fleißig mit Suppe und wenn kein Speck darüber gebunden ist, auch mit Fett. Man gibt Compot oder gemischten Salat oder gedünstetes Sauerkraut dazu.

Aus: »Die Süddeutsche Küche auf ihrem gegenwärtigen Standpunkte. Für Anfängerinnen sowie für praktische Köchinnen«, zusammengestellt von Katharina Prato (K. Edle von Scheiger), neunte verbesserte Auflage, Graz 1873.

© Carl Schuch / Public domain
»Zufrieden summend wie eine Kräuterhexe hob sie den Deckel eines riesenhaften Topfes, in dem gerade Knochen ausgekocht wurden, holte einen heraus und kratzte das weiche Knochenmark heraus. Zwei Einschnitte ins Innere der Semmel folgten, sodass ein Hohlraum entstand, den sie mit dem Mark ausfüllte. Dann setzte sie die Hälften dieses heißen Gebildes aus Teig, Butter und Knochenmark zusammen und legte es vorsichtig wie eine zerbrechliche Kostbarkeit auf einen Teller, den sie ihm reichte. [Gryszinski] hatte jede ihrer Bewegungen mit feuchten Augen verfolgt. Etwas in ihm fragte sich verzweifelt, warum er nie solche Momente mit seiner Mutter erlebt hatte, während er behutsam das Kleinod in die Hände nahm.« (aus: Das wahre Motiv)