Sophie von Gryszinski
Ehefrau des Ermittlers mit dramatischer Ader, liebt franzöische Literatur und durchschaut so manches.

»Sophie stand inmitten der hitzigen Schlacht der Töpfe wie zur Salzsäule erstarrt. Im einen Arm, auf die Hüfte gestützt, hielt sie den kleinen Friedrich, ein properes und fröhliches Kind von sieben Monaten. In der anderen Hand balancierte sie ein Buch, in das sie völlig versunken war, ein Kochlöffel lag als Lesezeichen zwischen den Seiten.« (aus: Der falsche Preuße)

Sophie von Gryszinskis Bibliothek
Theodor Fontane: »L’Adultera«, 1880.
Theodor Fontane: »Irrungen, Wirrungen«, 1888.
Theodor Fontane: »Stine«, 1890.
Gustave Flaubert: »Madame Bovary«, 1857.
Leo Tolstoi: »Anna Karenina«, 1877.
Henry James: »The Portrait of a Lady«, 1881.
Fjodor Michailowitsch Dostojewski: »Schuld und Sühne«, 1867.
Edgar Allen Poe: »The Purloined Letter«, 1845.
E.T.A. Hoffmann: »Der Sandmann«, 1816.
Théophile Gautier: »Le Pied de momie«, 1840.
Honoré de Balzac: »La fille aux yeux d’or«, 1835.
Honoré de Balzac: »La Peau de chagrin«, 1831.
Jules Verne: »Vingt mille lieues sous les mers«, 1870.
Joris-Karl Huysmans: »À rebours«, 1884.
Jane Austen: »Pride and Prejudice«, 1813.
Walter Scott: »Ivanhoe. A Romance«, 1820.
William Makepeace Thackeray: »Vanity Fair«, 1848.
Émile Zola: »Au bonheur de dames«, 1883.
Charles Dickens: »Pictures from Italy«, 1846.
Cornelius Gurlitt: »Im Bürgerhause. Plaudereien über Kunst«, Kunstgewerbe und Wohnungs-Ausstattung, 1888.
Georg Büchmann: »Geflügelte Worte. Der Citatenschatz des deutschen Volkes«, 1864.
(…)
»Soso«, machte Sophie nachsichtig und reichte ihm (Gryszinski) eine Serviette. »Ich traue mich kaum zu fragen, aber bist du so gut gelaunt, weil jemand umgebracht worden ist?«
»Du kennst mich einfach zu gut.«
(aus: Der falsche Preuße)

»(...) seine Frau berichtete ihm jeden Abend detailliert, was sie tagsüber gelesen hatte. So kannte Gryszinski die gesamten Werke von Flaubert, Balzac, Tolstoi und allen anderen Autoren ihres Jahrhunderts, aber eben in den Worten Sophies, und so mochte er sie auch am liebsten.« (aus: Der falsche Preuße)
„Daneben ein zierliches Teetischchen, das unter einem Berg von Romanen schnaufte. Schon einige Male war das Möbelstück krachend umgekippt, und zwar immer dann, wenn jemand unvorsichtigerweise einen der Bücherstapel schwungvoll hochgenommen und damit das komplizierte Gleichgewicht dieses babylonischen Bücherturms gestört hatte. Gryszinski umrundete, unwillkürlich den Atem anhaltend, das Zeugnis von Sophies Lesewut. Vor Wochen war ihm zum ersten Mal aufgefallen, dass ein auffälliges rotes Lesezeichen tagelang immer an derselben Stelle in einem Band von Balzac steckte. Auch die anderen Lesezeichen, insgesamt fünfzehn an der Zahl, die über verschiedene Bücher auf dem Teetisch verteilt waren, hatten ihre Wanderungen durch die Seiten nicht antreten dürfen. Tatsächlich schienen die Bücher ihre Position überhaupt nicht zu ändern. Als ihm das einmal klar geworden war, hatte er begonnen, die Sache zu beobachten, voll stummer Geduld.« (aus: Das wahre Motiv)