Berghall

Anton Doll, Verschneite Dorflandschaft
»Das Dorf lag mittlerweile unter einer meterhohen Schneedecke, kalte Wälle türmten sich zu beiden Seiten der freigeräumten Pfade auf. Unvorstellbar, dass hier irgendwann wieder Wiesen blühen und grüne Blätter rascheln würden. Im Moment lag über ganz Berghall eine dumpfe Stille. Jeder Laut erstickte in der kompakten weißen Materie. Man hörte nur ein gelegentliches Knacken, wenn die herunterhängenden Äste der Bäume unter den Schneemassen brachen. Oder ein plötzliches Rauschen, gefolgt von einem gedämpften Aufprall. Dann hatte sich wieder die Schicht einer Schneedecke auf einem der Dächer gelöst und rutschte haltlos, ungebremst von den eisigen Schindeln herab.« (S. 161)
Magnus Enckell, Christmas Tree in the Hall of Kilo Mansion
»Kaum hatten sie das Zollhaus hinter sich gelassen, verschwand die Straße unter den Kufen ihres Schlittens, und sie schwebten in ein Dorf, das sich aus den Seiten eines Märchenbuchs zu erheben schien. Aus den Schornsteinen der weiß bepuderten Schindeldächer stieg Rauch, körperlose Essenz der Behaglichkeit. Dicke Eiszapfen glitzerten an Bäumen und Regenrinnen. Auf den kleinen Holzbänken, die an der Sonnenwand eines jeden Hauses aufgestellt waren, lagen weiche Schneedecken. Bunt bemalte Fensterläden leuchteten an den Fassaden aus Stein und Holz.« (S. 17)
Zentralbibiothek Zürich
»Ein Raunen ging durch die versammelte Dorfgemeinde. Aus dem diffusen Dunkel, das auf der anderen Seite des Weihers lag, lösten sich zehn weiße Gestalten. Es waren die jungen Frauen des Dorfes, alle ebenfalls in weiße Gewänder gehüllt. Langsam kamen sie über das schwarze Eis des Sees. Jede von ihnen hielt eine brennende Kerze. In der Mitte der Formation schritt ein Mädchen, auf dessen Kopf ein Kranz aus flackernden Lichtern saß.« (S. 187)
Franz Skarbina, Unter dem Weihnachtsbaum
»Einen Moment lang blieb er stehen, um über den zugefrorenen Dorfweiher zu blicken, der sich glatt und funkelnd vor ihm ausbreitete. Die vom Schnee bestäubten Dächer mit ihren rauchenden Schornsteinen umarmten den spiegelnden See, hinter den Fensterscheiben leuchteten Kerzen und goldene Sterne. Über allem stand die Bergkette mit ihren Zacken und turmartigen Gipfeln wie ein gigantisches Schloss aus Eis.« (S. 51)
Charles Soulier 1865, Wetterhorn Grindelwald
»Er wanderte noch ein Stück weiter und blieb dann stehen, um die Bergkette zu betrachten. Wolkenfetzen kreisten um die verschneiten Gipfel. Oberhalb der Baumgrenze schien alles aus schroffen Zacken zu bestehen, eine unermessliche Vertikale der Unpassierbarkeit. Dafür hauste lauter Unheil in diesen Bergen – grausame Könige, blutrünstige Gespenster, funkensprühende Männer. Und ein brutaler Mörder?« (S. 226)